Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) ist ein häufig genutztes Argument bei der Empfehlung von Aktien. Wie es der Name bereits verrät, bezeichnet das KGV von Aktien die Relation zwischen deren aktuellem Kurs und dem Jahresgewinn des einzelnen Papiers. Aber woher stammt diese Kennzahl? Und was müssen Anleger noch berücksichtigen? Ein genauer Blick gibt Auskunft, wie Du mit dem KGV Aktien kaufst.

Eine anscheinend einfache Rechnung

Das KGV von Aktien lässt sich recht einfach berechnen. Dafür brauchst Du nur zwei Größen: den aktuellen Aktienkurs und den Gewinn je Aktie. Der Aktienkurs wird durch den Gewinn dividiert. Das Ergebnis aus der Berechnung – Aktienkurs geteilt durch den Gewinn – zeigt, mit welchem Vielfachen des auf das Papier entfallenden Gewinns eine bestimmte Aktie bewertet wird. Oder anders gesagt: Es zeigt die Zahl der Jahre, in denen eine Aktiengesellschaft bei gleichbleibenden Gewinnen ihren Börsenwert verdienen würde.

Wichtig: Der Gewinn pro Aktie ist der gesamte Gewinn einer Aktiengesellschaft geteilt durch die Anzahl ausgegebener Aktien. Er darf nicht verwechselt werden mit dem Wertzuwachs der Aktie.
KGV Aktien berechnen
Das Berechnen des KGV scheint auf den ersten Blick relativ einfach.
Dazu ein Beispiel

KGV = 16 bedeutet, dass die Gesellschaft in 16 Jahren den derzeitigen Wert einer jeden Aktie in Gewinn verwandelt haben wird. Vorausgesetzt, das Unternehmen schreibt über die gesamte Zeit gleichbleibende Zahlen. Je schneller der Wert einer Aktie in Gewinn umgemünzt wird, desto besser steht das Unternehmen wirtschaftlich da.

Woher aber nimmt man bei der Berechnung des KGV die Zahl für den Gewinn?

In der Regel liegt dem KGV von Aktien der geschätzte Gewinn für das bereits laufende oder für das kommende Jahr zugrunde. Dadurch versucht man, der zu erwartenden Entwicklung beim Gewinn so gut wie möglich gerecht zu werden. Denn an der Börse sind die Informationen aus dem laufenden Zeitabschnitt bereits in den Preisen antizipiert. „An der Börse handelt man die Zukunft“ ist eine alte Börsenweisheit. Sie gilt auch für das KGV von Aktien.

Gewinnerwartungen können trügen

In der Bewertung von Aktien ist das KGV eine der am meisten verwendeten Kennziffern. Allerdings ist seine Anwendung viel komplizierter, als es die Formel zu seiner Berechnung vermuten lässt. Das liegt daran, dass Prognosen in die Zukunft und damit in das Unvorhersehbare gerichtet sind. Die zukünftige Entwicklungen voraussagen zu wollen, ist nämlich auch gleichzeitig das große Problem beim KGV von Aktien. Die Gewinnschätzungen von Analysten sind unwägbar und mit Unsicherheit behaftet. In manchen Marktphasen sind sie sogar total unbrauchbar. Der Anfang eines konjunkturellen Abschwungs etwa wäre eine solche Phase. Sicher wären dagegen Verhältnisse von Kurs und Gewinn und damit das KGV von Aktien, die auf dem Gewinn aus bereits vergangenen Zeitperioden beruhen.

Außerdem gibt es noch andere Fallstricke beim Gewinn als Rechnungsgröße für das KGV von Aktien

  • Das KGV gibt Auskunft über die aktuelle Ertragslage eines Unternehmens. Es sagt nichts über die zukünftige des Unternehmens Lage aus.
  • Unter Umständen erwirtschaftet ein Unternehmen derzeit wenig Gewinn, weil es viel Geld in die Entwicklung von neuen und besseren Produkten steckt. Es hat dadurch aber auch bessere Perspektiven für die Zukunft.
  • Ein ähnliches Unternehmen erwirtschaftet aktuell einen hohen Gewinn, vernachlässigt aber im Gegenzug die Innovation.
  • Gewinne können nicht ohne weiteres für die kommende Zeit fortgeschrieben werden. Zu berücksichtigen sind Schwankungen im Konjunkturzyklus.
  • Dazu kommen Veränderungen, die sich im Unternehmen selbst abspielen, wie Veränderungen von Produktionsabläufen oder Produktwechsel sowie Veränderungen bei der Produktivität. Auch Wechsel am Markt oder im Wettbewerb, im Verhalten der Verbraucher oder die Entwicklung bei den Zinsen wirken direkt auf den Gewinn ein.
  • Nicht zu vergessen sind völlig unberechenbare Faktoren. In manchen Branchen spielt das Wetter eine Rolle, in anderen Branchen beeinflussen politische Entscheidungen die Entwicklung beim Gewinn.
  • In gewissen Grenzen sind Gewinne manipulierbar. Möglich ist das zum Beispiel durch die Auflösung oder die Bildung von stillen Reserven. Auch mit der Änderung von Zahlungsbedingungen lassen sich Gewinne manipulieren.
  • Außerordentliche und damit einmalige Aufwendungen und müssen ebenfalls ausgeklammert werden. Das gleiche gilt für temporäre Schwankungen beim Steuersatz.

Achtung: In ihren Pressemeldungen weisen Aktiengesellschaften verschiedene Kennzahlen zum Gewinn aus. Gewinnangaben gibt es etwa mit oder ohne unternehmensfremde Gewinnanteile. Bisweilen wird der Gewinn vor Steuern oder der Gewinn vor Steuern und Zinsen, das sogenannte EBIT, genannt. Für das KGV von Aktien ist lediglich der Gewinn pro Aktie nach Abzug von Steuern, Zinsaufwand und unternehmensfremden Gewinnanteilen wesentlich.

Was ein kleines KGV von Aktien anzeigt …

Im Normalfall aber lässt das KGV von Aktien durchaus Aussagen darüber zu, ob eine Aktie über- oder unterbewertet ist. Denn als Verhältnis zwischen dem Kurs und dem Gewinn einer Aktie sagt es aus, den wievielfachen Gewinn ein Anleger zahlen muss, wenn er die Aktie kauft. Ein KGV von 16 bedeutet, dass er den 16-fachen Jahresgewinn bezahlen muss. Ein Anleger will selbstverständlich einen geringen Faktor zahlen. Im Grundsatz gilt deswegen: Je niedriger das KGV der Aktien ist, desto günstiger ist die Aktie zu haben. Und je kleiner das KGV von Aktien ist, desto günstiger erscheinen sie auch im direkten Vergleich zur Gesamtheit des Marktes und natürlich auch gegenüber den Papieren der Wettbewerber. Ein niedriges KGV signalisiert, dass das Unternehmen schneller in der Lage ist, das zu verdienen, was Anleger momentan für eine Aktie zu bezahlen haben.

… und warum Du trotzdem genau hinschauen musst

Deshalb erscheint es logisch, dass viele Anleger versucht sind, bei einem niedrigen KGV Aktien umgehend zu kaufen. Doch so einfach funktioniert die Börse nicht. Im Gegenteil: Es gibt recht unterschiedliche Gründe, warum das KGV von Aktien niedrig ist und die Papiere in einem guten Licht erscheinen lässt. Kennt man sie nicht, wird aus einer scheinbar billigen Aktie schnell ein teures Investment. Während eine Aktie mit einem hohen KGV als scheinbar überteuertes Investment grundlos links liegen bleiben könnte.

Mit dem KGV Aktien bewerten

Eine zuverlässige Grundregel, ab welchem KGV Aktien fair bewertet und empfehlenswert sind, existiert leider nicht. Das KGV von Aktien kann sehr stark variieren. Ausschlaggebende Faktoren können Wachstumschancen, Marktphasen oder Branchen sein.

Aktien mit einem hohen, zweistelligen KGV müssen zum Beispiel gar nicht teuer sein. Das ist etwa der Fall, wenn das ausgebende Unternehmen über einen längeren Zeitraum hohe Wachstumschancen ausweist. Oft haben Unternehmen in Wachstumsbranchen ein relativ hohes KGV. Das gilt immer dann, wenn ihnen außerordentliche Gewinnsteigerungen zugetraut werden.

Ein hohes KGV kann berechtigt sein, wenn:
  • das Unternehmen ein hohes Wachstum beim Gewinn verzeichnet
  • es wegen seiner nachgewiesenen hohen Chancen für die Zukunft als Wachstumswert gehandelt wird
  • das Unternehmen auch weiterhin Gewinne steigern kann

Unternehmen, die nur ein mäßig wachsenden Gewinn ausweisen könne, haben dagegen oft ein niedriges KGV.

Wichtiger Aspekt: Die Branche

Bestimmte Branchen haben schon immer ein eher niedriges KGV. Eine dieser Branchen ist etwa die Automobilindustrie. Der Grund dafür ist, dass die Gewinne der Firmen in diesem Sektor extrem stark auf die Konjunktur mit ihrem Auf und Ab reagieren. Professionelle Anleger wissen, dass es sehr schnell zu Verlusten kommen kann. Ähnlich sieht es bei Banken aus. Hier ist ein KGV von Aktien um 15 bereits teuer. Zum Vergleich: Ein solcher Wert wäre bei Aktien wachstumsstarker Branchen, denen Analysten in der Zukunft massive Zuwächse zutrauen, bereits günstig. Aber selbst ein KGV von um die 50 schreckt die Anleger hier nicht ab und lässt sie ohne zu zögern bezahlen.

Ein niedriges KGV kann sogar ein regelrechtes Warnzeichen sein. Von Zeit zu Zeit ist der Markt bereits deutlich weiter als es die Analysten im Durchschnitt einschätzen. In der Erwartung, dass die Gewinne fallen, ist bereits der Aktienkurs auf Talfahrt. Damit lässt ein längst überholtes KGV Aktien optisch viel günstiger erscheinen. Viele Anleger sind bereits dieser optischen Täuschung zum Opfer gefallen.

Ein niedriges KGV kann aber auch ein Argument zum Kauf der Aktien sein

Für ein Investment in Aktien mit einem niedrigen KGV spricht, wenn:

  • in der Branche gute Wachstums- und Gewinnperspektiven vorherrschen
  • die Bewertung eines Unternehmens unter denen im Durchschnitt der Branche liegen
  • das Unternehmen zwar ein geringes Wachstum erzielt, aber beim laufenden Ertrag solide dasteht
  • Innovationen und neue Produkte unmittelbar vor der Marktreife stehen
  • es im Management zu einem Wechsel gekommen ist

Das KGV bei der eigenen Entscheidung richtig anwenden

Über die Tauglichkeit des KGV von Aktien entscheidet, wie aktuell die Prognose bei den Gewinnen ist. Je aktueller die Gewinnschätzungen sind, umso besser. In der Regel haben die Prognosen der Gewinne bei Werten aus den großen Indizes eine recht gute Qualität. Eine Aktie mit niedrigem KGV, die von einem kleinen Unternehmen emittiert wurde, kann sich dagegen zu einem teuren Investment entwickeln.

Entscheidend sind die Marktphasen. Sie geben oft den Ausschlag, ob sich Anleger an Aktien mit hohem KGV trauen. Die Bewertung kann schwanken je nach Branchen, Jahren und Ländern. Weil sich in diesem Fall nicht sagen lässt, ab welchem KGV Aktien hoch oder niedrig bewertet sind, spielen Erfahrungswerte eine große Rolle.

Konzerne, die sich in einer Branche bewegen, werden meist höher bewertet, als sogenannte Mischkonzerne. Einstellige Wachstumsraten sorgen dafür, dass ein Unternehmen an der Börse eine nur niedrige Bewertung meistens erhält. Hohe Bewertungen erzielen Technologie- oder Internetunternehmen, denen man ein schnelles Wachstum zutraut. Nachteil: Hier können sich Blasen bilden.

Denn gerade bei Wachstumsaktien mit hohem KGV musst Du darauf achten, ob der entsprechende Markt nicht vielleicht schon an der Börse überhitzt ist.

Falsch ist es, das KGV bei Aktien aus unterschiedlichen Branchen zu vergleichen. Das ist der berühmte Vergleich von Äpfeln mit Birnen. Gerade nach Branche unterscheiden sich die KGV bei Aktien sehr stark.

KGV Aktien Übersicht
Niemals das KGV aus unterschiedlichen Branchen vergleichen. Das ist wie der Vergleich von Äpfeln und Birnen

Brauchbare Hinweise bringt ein Vergleich von Aktien derselben Branche. Typische Faktoren einer Branche haben Einfluss darauf, inwieweit Anleger höhere KGV Aktien hinzunehmen bereit sind.

Idealerweis errechnet ein Anleger vor einem Investment das durchschnittliche KGV für den betreffenden Sektor. Liegt das KGV einer Aktie über dem Durchschnitt der Branche, ist sie überbewertet. Liegt das KGV darunter, dann ist die Aktie unterbewertet. Einen Anhaltspunkt gibt es auch, wenn Anleger das KGV von Aktien eines bestimmten Sektors mit dem durchschnittlichen KGV des Gesamtmarkts vergleichen. Auch der Vergleich des aktuellen KGV von Aktien mit einem historischen Wert des Papiers hilft, das faire Preisniveau zu ermitteln.

Alternativen in Betracht ziehen, um mit dem KGV Aktien zu kaufen

Jetzt bist Du bereit, um mit dem KGV Aktien zu kaufen. Allerdings empfiehlt es sich, noch weitere Kennzahlen un Betracht zu ziehen, wie das Shiller-KGV. Dieses nach dem Nobelpreisträger Robert J. Shiller benannte Kurs-Gewinn-Verhältnis gilt als einer der besten Maßstäbe, die Attraktivität von Aktien zu bemessen. Und es schütz den Markt nachhaltig davor, zu überhitzen. Shiller modifizierte das herkömmliche KGV von Aktien dadurch, dass er den durchschnittlichen Gewinn aus den vergangenen zehn Jahren ermittelte. Mit dieser Methode der Berechnung wird auch das Auf und Ab von Konjunkturzyklen berücksichtigt. Zudem werden beim Shiller -KGV sowohl der Kurs als Zähler als auch der Gewinn als Nenner inflationsbereinigt. Damit eliminiert der Wirtschaftswissenschaftler bei der Berechnung des Zehn-Jahres-KGV die Steigerung der Preise.

Nun bist Du bestens gewappnet, um mit dem KGV Aktien zu vergleichen. Wir empfehlen dir als Vergleichstool OnVista!

Nicht zuletzt gilt: Wegen seiner kleinen und größeren Schwächen liefert das KGV bei Aktien nur einen anfänglichen Eindruck von einem Papier. Anleger, die sich für oder gegen eine Aktie entscheiden wollen, sollten das nicht nur auf der Basis des Kurs-Gewinn-Verhältnisses tun. Für eine noch umfassendere Analyse sind weitere Kennzahlennötig. Das können das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV), das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KUB) oder das Kurs-Cash Flow-Verhältnis (KCV) sein. Haben Firmen Jahre von Verlusten zu verzeichnen, zählt das KCV noch einmal besonders. Auch die Führung des Unternehmens und seine wirtschaftlichen Aussichten fließen letztendlich in die Bewertung der Papiere und der möglichen Entwicklung der Kurse ein.

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